Von der Inquisition zum Betäubungsmittelgesetz



Das heutzutage gültige Betäubungsmittelgesetz (BtM) ist eine Art moderner Hexenhammer. Genauso wie durch den Hexenhammer Millionen von Menschen vernichtet werden konnten, dient das Betäubungsmittelgesetz der Verfolgung von gesellschaftlich unerwünschten Personen und der Unterdrückung der persönlichen Freiheit in Bezug auf die freie und freiwillige Verwendung von Heilmitteln. Denn mit dem Betäubungsmittelgesetz wird der sinvolle und medizinisch wertvolle Gebrauch von einigen der besten und erfolgreichsten Heilpflanzen, die die Menschheit jemals entdeckt hat, bei Strafe verboten. So wie schon die Bibel den Genuß der Früchte vom Baum der Erkenntnis verboten hat, so wurde den Hexen der Gebrauch ihrer Reisemittel von der Kirche verboten, und genauso wird dem modernen Menschen der Gebrauch bewußtseinserweiterter Substanzen (sog. Stoffe) verboten .

Der Naturstoffchemiker Jonathan Ott, seinerseits ein brillanter Kenner der psychoaktiven Pflanzen und Substanzen, nennt diesen Sachverhalt pharmakratische Inquisition(Ott 1996). Sogar der Rausch an sich - ganz gleich wie er ausgelöst wird - wurde immer wieder verteufelt. Dabei ist er eine Grundeigenschaft unseres Nervensystems. Wahrscheinlich gibt es sogar einen Trieb nach Berauschung - ähnlich den Trieben nach Essen, Trinken, Sex, Überleben.

Wirft man einen Blick in die Geschichte der nach dem BtMG verbotenen Pflanzen und Pflanzenwirkstoffe, wird die abendländische Besessenheit, auf unliebsame Menschen Hexenjagden zu veranstalten, offensichtlich. Als Triebkraft wird die egozentrische, selbstsüchtige katholische Religion genutzt. Von ihrem Geiste getränkt konnte der Hexenhammer zum Vernichtungsschlag ausholen.

Von ihrer Ideologie wird auch das Betäubungsmittelgesetz erfüllt. Die arrogante Anmaßung des Christentums, den einzig wahren Gott zu haben, der jede gesetzliche und moralische Willkür rechtfertigt, bildet den geistigen Hintergrund des BtMG. Man darf auch nicht vergessen, daß die moderne Drogengesetzgebung hauptsächlich von christlichen Politikern und Kirchenmännern geschaffen wurde. Was Papst Innozenz VIII. mit seiner Hexenbulle von 1484, in der er den Gebrauch von Cannabis verboten hatte (AMREIN 1997), begann, führte ein holländischer Bischof fort:

Im Rahmen des 1. intern. Opiumabkommens (IOA) vom 23.1.1912 in Den Haag (Haager Abkommen) wurde unter Vorsitz von Bischof Brent Opium, Kokain, Morphium geächtet und die Grundlage für die Drogenprohibition im 20. Jahrhundert geschaffen.Im Deutschen Reich wurde 1929 als Ergebnis der 2. Genfer Opiumkonferenz von 1925 das Opiumgesetz eingeführt. Es wurde nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahre 1949 unter einer christdemokratischen Regierung als weiterhin gültig erklärt.

Als das US-amerikanische Establishment, das vor allem von puritanischen und fundamentalistischen Christen gebildet wird, durch die aufkeimende Hippie-Bewegung in Angst und Schrecken versetzt wurde, reagierte die Regierung mit paranoiden Drogengesetzen. Sie wurden als Legimitation zur Unterdrückung der auf bewußtseinserweiternden Erfahrungen aufbauenden neuen Lebensformen sowie als Werkzeuge zur Verfolgung gesellschaftlich unerwünschter Individuen genutzt.

Man machte den Hippies die gleichen Vorwürfe wie zuvor den Hexen: Drogenmißbrauch, Promiskuität, amoralische Auflehnung gegen die christliche Ethik. Den Hippies wurde Satanismus mit Schwarzen Messen un Ritualmorden angelastet. Als Beweis wurde Charles Manson und seine Family herangezogen. Der Wahnsinnige und seine Mörderbande sahen sich selbst zwar als neue Christen an, und seine Anhänger und verehrten Manson als Christus und Heiland, Hippies waren sie allerdings nicht. Denn zur Ideologie der Hippies gehörte die Befreiung von christlichen Schuldgefühlen und Zwängen.

Außerdem haben sie wieder von den Bäumen der Erkenntnis genascht und das Göttliche in sich selbst und nicht im Wort eines Priesters entdeckt.1971 wurde - aufgrund eines von den USA durchgesetzten internationalen Übereinkommens über psychotrope Stoffe - in der Bundesrepublik das bis dahin geltende Opiumgesetz novilliert und trat als Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (BtMG) in Kraft. Die amtliche Begründung der Bundesregierung zu der verschärften Gesetzesfassung liest sich wie eine Hetzschrift aus der Zeit der Inquisition:

Der Mißbrauch von Rauschgiften, die im Opiumgesetz als Betäubunsmittel bezeichnet werden, droht ein gefährliches Ausmaß zu erreichen. Dieses Phänomen läßt sich nicht mehr als eine vorübergehende Mode deuten und abtun. Einer Seuche gleich breitet es sich mehr und mehr in der Bundesrepublik Deutschland aus. Immer weitere Kreise der Bevölkerung werden von dieser Welle erfaßt. In besonderem Maße droht der Jugend Gefahr, oft schon während der Pubertät. Die Zahl der Jugendlichen, die den Einstieg in die Drogenwelt vollziehen nimmt zu. Es zeigt sich dabei, daß die Altersschwelle, auf der der Einstieg erfolgt, absinkt. Selbst Kinder bleiben davon nicht verschont. Der Ernst der Situation wird durch Todesfälle, die sich in jüngster Zeit , insbesondere bei Jugendlichen ereignet haben, in eindringlicherweise unterstrichen.

Als eine der Maßnahmen der Bundesregierung, die in einem umfassenden Aktionsprogramm zur Bekämpfung der Rauschgiftsucht vorgesehen sind, dient das Gesetz dem Ziel, der Rauschgiftwelle in der Bundesrepublik Deutschland Einhalt zu gebieten und damit große Gefahren von dem einzelnen und der Allgemeinheit abzuwenden. Es geht darum, den einzelnen Menschen, insbesondere den jungen Menschen vor schweren und nicht selten irreparablen Schäden an der Gesundheit und damit vor einer Zerstörung seiner Persönlichkeit, seiner Freiheit und seiner Existenz zu bewahren. Es geht darum, die Familie vor der Erschütterung zu schützen, die durch ein der Rauschgiftsucht verfallenes Mitglied droht. Es geht darum, der Allgemeinheit den hohen Preis zu ersparen, den ihr die Opfer einer sich ungehemmt ausbreitenden Rauschgiftwelle abverlangen würden. Es geht schließlich darum, die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft nicht gefährden zu lassen ...

Ein besonderes Kennzeichen der Rauschgiftwelle ist die erhebliche Zunahme des Verbrauchers von indischem Hanf (Cannabis sativa) und des darin enthaltenen Harzes (Haschisch). Es handelt sich dabei um ein Halluzinogen, das nach der in der medizinischen Wissenschaft überwiegenden Meinung bei Dauergebrauch zu Bewußtseinsveränderungen und zu psychischer Abhängigkeit führen kann. Bei der Droge treten offenbar keine Entziehungssyndrome auf, und es besteht nur eine geringe Tendenz, die Dosis zu erhöhen. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist davon auzugehen, daß die Droge eine Schrittmacherfunktion ausübt. Der Umsteigeeffekt auf härtere Drogen zeigt sich besonders bei jungen Menschen. Praktisch vollziehen sie mit ihr den Einstieg in die Welt der Rauschgifte.

Hier wird die Hexensalbe der Inquisition durch die gründlich durch Papst Innozenz VIII. sowie durch Henry Ainslinger verteufelte Hanfpflanze ersetzt. Die Begründung der Regierung ist mindestens so fadenscheinig wie die Rechtfertigung für die Hexenjagd. Beides enspringt der Phantasie der Herrschenden. Die Regierung hat heute noch einen Hexenjäger, nur heißt er jetzt Drogenbeauftragter. Es ist kein Wunder, daß das sozialdemokratische Apotheken-Modell zum freien Verkauf von Haschisch und Marihuana am Rat des CSU-Politikers Eduard Lintner und der Tat des ebenfalls christlich-sozialen Gesundheitsministers - sprich Großinquisitors - Seehofer scheitern mußte. Es bleibt nur abzuwarten, wann der Scheiterhaufen für Heide Moser entzündet wird ...

Aber es gibt erstaunlicherweise auch Drogenbeauftragte, die der Verteufelung der Hanfpflanze ein Ende bereiten wollen, so der hamburger Sozialwissenschaftler und Drogenbeauftragte des sozialdemokratischen Senats Horst Bossung:

Von einem Drogenproblem kann man sprechen, wenn jemand Probleme hat, an die präferierte, also bevorzugte oder auch an die medizinisch benötigte Droge heranzukommen. Er hat dann genaugenommen ein Drogenversorgungsproblem. Für den hedonistischen Konsumenten, also den, der aus Genußgründen Drogen konsumiert ist dies höchst ärgerlich - für den Kranken, der aus medizinischen Gründen Cannabis benötigen würde, ist dies häufig äußerst qualvoll. Für zum Beispiel manche Krebspatienten, Aids-Kranke und Menschen mit anderen Leiden besteht also ein permanentes Drogenproblem darin, daß sie an das benötigte Heilmittel Cannabis nicht herankommen. Das sind reale, wirkliche Drogenprobleme.

Diese wirklichen Drogenprobleme werden durch das Betäubungsmittelgesetz produziert:

Die Probleme, die mit dem illegalen Status von Cannabis verbunden sind, stellen heute sicherlich die größten Nebenwirkungen der medizinischen Verwendung der Cannabinoide dar. Es gibt viele Beruhigungs-, Schlaf- und Schmerzmittel mit einem größeren Abhängigkeitspotential als Cannabis, die auf einem normalen Rezept verschrieben werden dürfen. Die Einstufung von Cannabis als nicht verkehrsfähiges Betäubungsmittel ist daher heute medizinisch nicht mehr vernünftig. Cannabispräparate von definierter Qualität sollten wie andere Medikamente vom Arzt verordnet werden dürfen.

Seit über sechstausend Jahren wird der Hanf überall dort, wo er in der Gefolgschaft des Menschen hingelangte, als Heilmittel benutzt. Es hat sich bei meiner ethnomedizinischen Untersuchung (Hanf als Heilmittel) herausgestellt, daß die medizinische Verwendung des Hanfes noch vielseitiger als die Verwendungsmöglichkeiten der ganzen Pflanze ist. Im Laufe der Geschichte wurde der Hanf in den verschiedenen Kulturen und Heilsystemen bei weit über hundert Indikationen angewendet. Damit ist der Hanf die am vielseitigsten verwendbare Heilpflanze überhaupt! Zahlreiche ethno- und volksmedizinische Indikationen wurden inzwischen pharmakologisch bestätigt (siehe Rätsch 1992, Grottenhermen und Huppertz 1997). Aber wie jedes gute Heilmittel wird auch der Hanf staatlich kontrolliert! Quelle:
Dr. Christian Rätsch -Hexenmedizin

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